Das Besondere ist selten und kommt oft unerwartet

Sie sind selten, kommen oft unerwartet, schleichen sich von hinten, aus dem Dunklen an und treffen zielsicher mitten ins Herz: die besonderen Konzertmomente, die nur für den kurzen Augenblick gelten, und sich dann ebenso schnell wieder verflüchtigen. Trotzdem verändern sie uns, ob wir wollen oder nicht. Sie schreiben Erinnerungen, gespeist aus Emotionen, die wir nur im Moment des Hörens fühlen. Sie lassen sich nicht steuern, nicht heraufbeschwören und nicht verdrängen. Sie sind individuell, und lassen sich kaum beschreiben und noch weniger nachempfinden. Am Ende bleibt stets nur die Erinnerung an das Gefühl, das uns zu Tränen rührte.

Philipp Poisel und seinem Projekt „Seerosenteich“ ist das gelungen. Gerade tourt der Singer und Songwriter aus der Nähe von Stuttgart wieder durch Deutschland und begeistert landauf, landabwärts die Zuschauer in ausverkauften Hallen, die sich von dem kleinen Mann und seiner Gitarre gefangen und mit auf die Reise in seine kleine, märchenhafte Welt nehmen lassen. Ein Geheimtipp ist er schon lange nicht mehr, ein Popstar aber auch nicht. Und in eine Schublade passt er erst recht nicht.

Sein Auftritt ist kein reines Konzert, mit viel Liebe zum Detail und noch mehr Leidenschaft haben der Sänger und seine Mitstreiter in wochenlanger Arbeit ein ganz besonderes Programm und ein liebevoll gestaltetes Bühnenbild entworfen. Für jede Nummer werden eigens geschreinerte Requisiten aus Holz auf die Bühne geschoben: das sind mal Tannenbäume, mal Meereswellen, dann eine große Sonne oder viele Seerosen. Und irgendwie passen sie immer zum jeweiligen Song. Zusätzlich erscheinen auf der Leinwand im Hintergrund der Bühne selbst gebastelte Scherenschnitte – oft nur in schwarzweiß – , die für die richtige Atmosphäre sorgen: eine dunkle, bergige Landschaft, ein Himmel voller Sterne, dichtes Gestrüpp, das den Blick in die Ferne schweifen lässt. Die Stimmung, die so erzeugt wird, ist einmalig.

Und weil der Aufbau der einzelnen Bühnenbilder stets etwas Zeit in Anspruch nimmt, führen Poisel und seine Band, die aus einem Schlagzeug, einem Keyboarder, einem Gitarristen, einem Bassisten, einer Backgroundsängerin und einem weiblichen Streicherquartett besteht, zwischen den einzelnen Songs kleine Zirkusstückchen auf. So verkürzen eine Seiltänzerin, ein Gewichtheber, ein Clown und ein Zauberer die Wartezeit bis zum nächsten Lied. Auch diese kleinen, humorvollen Einlagen sorgen für das besondere Erlebnis einen Konzertbesuchs von Philipp Poisel.

Aber das alles ist nur schmückendes Beiwerk, denn es ist die Musik, die die Zuschauer gefangen nimmt, die sie verzaubert und zu Tränen rührt. Die meisten Songs sind balladeske Nummern, die von der Freiheit, der Sehnsucht und der Liebe handeln. Und Apropos Liebe, sie ist das, was Philipp Poisel und seine Musik auszeichnet, sie steckt in jedem Detail, in jeder Zeile und in jedem Akkord. Seine Stimme ist außergewöhnlich, kratzig, zuweilen irgendwie schräg und dann so sanft, das sie kaum noch zu hören ist. Er verschluckt Wörter, versteckt sich im Dunklen außerhalb des Scheinwerferlichts und verzaubert dennoch das Publikum. Philipp Poisel ist ein Künstler, der auf Konventionen pfeift und sich selbst und seiner Musik stets treu geblieben ist – trotz unzähligen verkauften Platten. Er lässt sich vom Musikzirkus nicht verbiegen und das ist gut so. Er macht das, was ihm gefällt, und das ist gut so wie es ist.

Und gerade deshalb gelingen ihm diese besonderen Konzertmomente, die für den Augenblick gelten. Wenn er im schummrigen Licht auf seinem Hocker sitzt, ganz vorsichtig die Saiten seiner Gitarre streichelt und ohne jedes Beiwerk, fast still, die Zeilen von „Liebe meines Lebens“ sanft ins Mikrofon haucht, dann berührt er ganz tief und eine dicke, salzige Träne bahnt sich ihren Weg. Sie lässt sich nicht auf- und nicht zurückhalten. Sie ist schwer und doch leicht. Denn sie enthält das Wissen um das Glück, das man besitzt, wenn man sie gefunden hat. Die Liebe seines Lebens.

Eure Pinkpetzie

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